Die Tücken des Abmahnwesens

Über den Freizeitsport vieler Anwälte mal eben ein paar Webseitenbetreiber abzumahnen, hat bestimmt schon jeder hier einmal etwas gelesen. Jemand stellt etwas ins Internet, andere finden und verwenden es und natürlich möchte derjenige, der das Foto oder den Text geschrieben hat auch etwas davon haben.

In einigen Fällen ist klar erkennbar, dass die Verwendung kostenfrei und ggf. gegen Nennung des Autors erfolgen kann (z.B. Bilder mit CC-Lizenz). In anderen Fällen ist es nicht erkennbar oder man hat es einfach übersehen. Schön und gut, dann wird man halt abgemahnt.

Jetzt gibt es allerdings den Fall von Philipp, dem Autor von nom nom nom, der in einem Blogeintrag einfach mal fröhlich einen Artikel einer Journalistin zitiert und verlinkt hat. Das lässt sich besagte Journalistin natürlich nicht gefallen und mahnt ihn ab. Halt nein! Anders! Sie beauftragt eine Firma Kopien ihrer Artikel im Internet zu finden und gibt diese teuer erstandene Liste ihrem Anwalt, der dann scheinbar ohne vorherige Kontaktaufnahme jedem eine Abmahnung schreibt. Fies! Und ich kann dazu auch nicht mehr als Johnny Häusler von Spreeblick sagen. Liebe Journalisten: wenn ihr 80 Euro für einen Beitrag bekommt, dann könnt ihr doch nicht jemanden, der euch nur zitiert auf 2155 Euro abmahnen!

Das Abmahnwesen ist krank, absolut krank! Es mag oft berechtigte Gründe geben jemanden abzumahnen und in manchen Fällen sollte man sie auch richtig bluten lassen, aber hier? Warum ist hier eine Abmahnung passiert? Weil der Anwalt gierig ist! Abmahnungen schreiben ist für Anwälte in etwa so wie für Restaurants Getränke zu verkaufen. 99% Reingewinn!

Denn man muss sich das mal vorstellen … wie viel Arbeit fällt einem Anwalt bei so einer Abmahnung schon an? Adresse raussuchen und Standardbrief mit Kostenote zuschicken. Vielleicht noch ein bisschen prüfen, ob es wirklich berechtigt ist und mit dem eigenen Gewissen vereinbar. Länger als 10 Minuten kann das in diesem Fall ja nicht gedauert haben, denn die Journalisten hat wie so viele Abmahner gleich eine ganze Liste von Personen abgemahnt. Trotzdem Anwaltskosten von 955 Euro wegen einem angeblichen Gegenstandswert von 21200 Euro. Netter Stundenlohn, Herr Anwalt!

Da ist der Wurm drin! Das sieht doch jeder. Erstmal wird hier nicht nach Aufwand bezahlt und dann oft noch absolut wilde Gegenstandswerte festgelegt. Aber das ist ja nur der eine Teil. Neben den Anwaltsgebühren sind ja noch 1200 Euro Schadensersatz in der Abmahnung enthalten. Laut Journalistin, weil es so teuer war eine Firma mit dem Auffinden solcher Webseiten zu beschäftigen. No way! Das ist eine einfache Google-Suche nach Textpassagen und gut ist’s. 1200 Euro Schadensersatz für ein Zitat aus ihrem Artikel mit Nennung des Urhebers in einem kleinen Blog. Ich vermute mal der gleiche Betrag wird auch von einer großen Zeitung, die den Artikel unerlaubt komplett abgedruckt hat, verlangt. Ist Schadensersatz nicht mehr abhängig vom entstandenen Schaden? Und ist hier überhaupt ein Schaden entstanden?

Muss ich jetzt fürchten für ein Vollzitat eines kleinen Artikels über Schweinegrippe in der lokalen Zeitung ebenfalls abgemahnt zu werden? Ich zitiere und verlinke nie wieder eine große Zeitung, wenn das der Fall ist …

P.S.: Ich hab ja einige Juristen als Freunde und Leser. Falls ihr das gelesen habt, wie steht ihr denn zu Abmahnungen? Und wird man da nicht ganz feucht, wenn man für so minimalen Aufwand gleich mal 1000 Euro und mehr abgreifen kann? Auch wenn man da mit Kanonen auf Spatzen schießt ;-)


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Kommentare

9 Antworten zu „Die Tücken des Abmahnwesens“

  1. Avatar von bonsay

    Also das sehe ich etwas schwieriger an.
    In diesem Konkreten Fall (ich hatte erst ihren Beitrag gelesen bevor dein Post kam) bin ich etwas geteilter Meinung. Zum einen ist das Zitat von Philipp schon sehr lang. Und der restliche Text sehr kurz. Ich weiß nicht ab wann ein Zitat kein Zitat mehr ist, aber bei 255 Wörtern bzw. 30% des Originaltextes ist das schon Grenzwertig. Vor allem wenn kein Mehrwert dabei ist (wie Stefan Raab: „Schauen sie sich das mal an:“).

    Insofern kann ich den Ärger nachvollziehen, die die Autorin hat. Allerdings gleich einen Streitwert von über 20.000 Euro anzunehmen und zwar für jeden der den Text kopiert hat – das ist eindeutig über das Ziel hinausgeschossen.

    Ich bin Abmahnungen von großen Unternehmen auch sehr negativ eingestellt. Sie werden häufig völlig übertrieben, wie man bei Jack Wolfskin erst letztens gesehen hat. Bei kleineren Unternhemern ist es etwas schwieriger.

  2. Avatar von bonsay

    Habe noch etwas weitergelesen und diese Antwort halte ich doch für recht gut ;)
    http://www.spreeblick.com/2009/10/30/stellungnahme-von-eva-schweitzer-zur-blog-abmahnung/
    Entgegen meines vorherigen Kommentars kann ich das Unterschreiben ;)

  3. Avatar von Sebbi

    Habe ich ja auch oben verlinkt und mich drauf bezogen. Klar kann man bei einer solchen Zitatgröße nicht mehr wirklich von einem Zitat sprechen, aber wir reden hier über einen privaten Blogger, der auf einen Artikel hinweisen wollte und die gezeigte Passage gut fand. Dem dann tausende Euro dafür abknüpfen zu wollen anstatt eine Mail zu schreiben, dass man es besser fände, wenn er es kürzt … das ist eine Frechheit, wenn es auch rechtlich kein Problem ist.

    Bisher haben mich bei meinem Blog zum Glück immer alle angerufen oder eine Mail geschrieben, wenn etwas nicht gestimmt hat. Zwar muss man die Anrufer dann immer erst beruhigen, weil sie doch etwas aufgeregt sind, aber meistens einigt man sich dann doch recht schnell und die Gespräche enden freundlich. Davon auszugehen, dass einem alle etwas Böses wollen … brrrr … typisch „Deutsche im Ausland“ um auch das mal zu zitieren :D

  4. […] Die Tücken des Abmahnwesens Beschlagwortet mit:Abmahnung, Blog, Eva Schweitzer, fail, Spreeblick Einen Kommentar schreiben « sell the vatican – get all the pussy […]

  5. Avatar von bonsay

    Die sind doch auch alle Böse!
    Gay!
    Photoshopped!
    Simpsons did it!

  6. Avatar von Sebbi

    Geil: „Nachdem ich aber unmöglich dem Druck eine Horde wutschnaubender Möchtegernpiraten nachgeben kann, die ihre Nächte im Schlafanzug vom dem Computer verbringen, habe ich mir nun ein neues Angebot überlegt“ schreibt die Gute jetzt in ihrem Blog:
    http://blogs.taz.de/newyorkblog/2009/10/30/a_new_hope/

    Ich hole mir mal eine Tüte Popcorn. Und seit wann sind Blogs denn einem Pressrecht unterlegen. Ernsthaft? Ich muss recherchieren für meine Einträge? Never ever! Leute befragen bevor ich über sie kritisch schreibe? WTF?! Machen sich Zeitungen wirklich diese Arbeit? Sehe ich nicht … überall DPA-Meldungen und Kommentare zu Personen, die bestimmt nein gesagt hätten, wenn sie das vorher lesen hätten können ;-)

  7. Avatar von nastorseriessix

    Ist das nicht toll, was man dank des Internet heut zu Tage alles machen kann? Bald haben wir es in Deutschland genau so wie in den USA, Jeder kann und wird Jeden für Alles und Nichts abmahnen, juhu es lebe das WEB 2.0!

  8. Avatar von Tom
    Tom

    in harten Zeiten von Wirtschaftskrise muss doch jeder schauen wo er bleibt, soll er sich halt rechtstreu verhalten!

  9. Avatar von Fix

    Tja dem Tom kann ich natürlich als Jurist grundsätzlich nur zustimmen.

    Aber natürlich sind diese Abmahnungen auch ein Geschäftsmodell, daher sollte jeder der eine Abmahnung erhält das auch wirklich anständig prüfen (lassen). Und es gibt halt einfach zuviele Juristen, da kann nicht jeder die collen Jobs kriegen.