Sebbis Blog

Schlagwort: Wind

  • Solar/Wind die Energiequelle der Zukunft?

    Ich hole ein wenig aus … tl;dr Ich denke, ja

    Exponentielles Wachstum wird von vielen nicht richtig verstanden, dabei passiert es überall um uns herum. Im Wesentlichen bedeutet das, eine Menge verdoppelt sich alle X Zeiteinheiten. Nimmt man z.B. Bakterien in einem Gefäß mit Nährboden, die sich jede Minute durch Zellteilung verdoppeln. Wenn sie einen kompletten Tag brauchen um das Gefäß randlos zu füllen, dann war es um 23:59 Uhr noch halb leer, um 23:58 Uhr nur zu einem Viertel befüllt und eine halbe Stunde vor Mitternacht noch kaum wahrnehmbar. Und selbst wenn plötzlich noch ein zweites Gefäß daneben gestellt wird, dann ist es eine Minute später voll (obwohl es 24 Stunden gedauert hat, das erste zu füllen). Das ist exponentielles Wachstum!

    Computer verdoppeln ihre Rechenleistung alle 2 Jahre (Moore’s Law), eine Atombomben Explosion folgt dem gleichen Prinzip (fast die gesamte Energie in den letzten paar Verdopplungen produziert), die Bevölkerung der Erde verdoppelt sich alle X Jahre (Wikipedia hat dazu einen schönen Graphen rechts oben) und – deshalb der kleine Ausflug – auch die installierten Solarzellenpower verdoppelt sich. 60% der Solarzellen wurden erst in den letzten 2,5 Jahren aufgestellt. Man geht davon aus, dass es weltweit derzeit eben diese 2,5 Jahre dauert … pro Verdopplung.

    Was bedeutet ein solches Wachstum? Nun, in 2012 hatte Solarstrom einen Anteil von 4,7% am Bruttostromverbrauch. Im Jahr zuvor 3,1%. Ihr merkt vielleicht worauf ich hinaus will … die Regierung möchte 80% der Energie aus regenerativen Energiequellen beziehen … bis 2050! Bei der momentanen Wachstumsrate benötigt es aber nur 4,3 Verdopplungen bzw. 11 Jahre um auf 100% durch Solarzellen zu kommen. Nun ist es möglich, dass irgendwann alle Dächer voll sind und es sich nicht mehr lohnt mehr Solarzellen aufzustellen als man für den Eigengebrauch benötigt. Aber Wind wächst auch exponentiell, allerdings langsamer als Solar mit ca. 3 Jahren für eine Verdopplung (international, in Deutschland derzeit etwas langsamer) der installierten Leistung.

    Was bedeutet das? Nun, das Endspiel wird ein Gleichgewicht zwischen Wind und Solar sein (beides zu unterschiedlichen Jahreszeiten unterschiedlich ergiebig) und wie im Bakterienbeispiel oben, wird das erst kurz vor Schluss so richtig bemerkbar werden.

    Das Fraunhofer Institut hat zu dem Szenario 100% regenerative Energie 2012 eine Studie veröffentlicht (Direktlink zum PDF, sehr lesenswert) und darin simuliert wie das überhaupt zu bewältigen wäre. Darin haben sie auch die Wärmekosten berücksichtigt. Bei 100% (ohne Im- und Exporte) braucht es gewaltige Mengen an Speichern. Sowohl Strom (Batterien) als auch Gas (Methan-Produktion) und Wärmespeicher. Bei einem Anteil von nur 70% wäre das noch fast gar nicht nötig. Hoffentlich verschlafen wir den Moment in dem wir solche Speicher bauen also nicht ;-)

    In ihrer Kostenrechnung kam es übrigens nicht teurer als die jetzigen, jährlichen Ausgaben für Energie. Und die Kosten für regenerative Energie sind hauptsächlich Kapitalkosten (Aufbau und Ersetzen) und Wartung. Die Rohstoffkosten entfallen. Und natürlich gibt es auch exponentielles Wachstum … Solarzellen sinken im Preis kontinuierlich und nähern sich ihrem Rohstoffpreis an und so wird das über die Zeit eher günstiger als teurer werden, wie bei einer Energieproduktion aus fossilen Brennstoffen der Fall.

    Warum schreibe ich darüber einen Artikel? Es gibt eine Facebookseite „I fucking love science“, die ab und zu etwas über Solarenergie schreiben. Heute dieses Bild:

    Solar Radiation

    Die Kommentare dazu sind der typische Mix. Ein paar Leute, die es toll finden, ein paar Atombefürworter, die exponentielles Wachstum nicht verstehen und natürlich welche, die meinen eine Solarzelle würde die für die Herstellung verbrauchte Energie nie zurückgewinnen und es lohnt sich nicht und würde zu Stromausfällen führen, blabla. In der Realität produziert eine Solarzelle diese Energie in 1,5 bis 5 Jahren und ist also Energiebilanz positiv.

    Ob sich das lohnt ist für jeden Standort unterschiedlich. Die EU hat mit China für Solarimporte einen Mindestpreis von 57 Cent pro Watt ausgemacht. In (Süd-)Deutschland hat man pro installiertem Kilowatt 950 kWh pro Jahr an Stromerzeugung (siehe z.B. in meinem Wohnort Möhrendorf das Dach der Turnhalle). Die Rechnung ist recht einfach … 570 € für ein Kilowatt Solarpanel bei einem derzeitigen Strompreis von 28 Cent pro kWh bedeutet, dieses Panel hat sich nach 2036 kWh gelohnt. Das sind etwas über zwei Jahre und selbst wenn man noch pessimistisch 1000 € pro Kilowatt an Installationskosten drauf schlägt lohnt es sich nach 6 Jahren. Und „lohnen“ heißt hier, nach dem Zeitraum kostet die kWh Strom nicht mehr 28 Cent, nicht 20 Cent, nicht 10 Cent, sondern 0 Cent. Über 20 Jahre gerechnet wäre des kWh Preis im Mittel dann bei 3-8 Cent je nach Installationskosten. Wer sich dann eine solche Anlage nicht auf sein Dach schraubt zahlt scheinbar gerne den mind. 3-fachen Strompreis ;-)

    Das funktioniert natürlich in dieser vereinfachten Rechnung nur so lange man keine zusätzliche Infrastruktur (Speicher) braucht und momentan ist der Preis auch noch etwa doppelt so hoch wie dieser festgelegte Mindestpreis. Aber ist keinesfalls so, dass es sich nicht lohnen würde. Und das führt mich zurück zu dem Bild, da Deutschland nun nicht gerade für seine sonnigen Tage bekannt ist, lohnt es sich in den USA gleich doppelt und ich kann über die Kommentare nur meinen Kopf schütteln.

    Was meint ihr? Solar und Wind unaufhaltsam? Wird es Anfangsubventionen für Speichertechniken geben, die solche Einrichtungen lukrativ machen oder wird das von selbst passieren (z.B. Batterien in jedem Keller oder über das Elektroauto in der Garage)? Kann es wirklich schon in 20 Jahren so weit sein, dass man kaum noch fossile Rohstoffe benötigt?

    Grüße

    P.S.: Auch der fossile Energieverbrauch unterliegt einem exponentiellen Wachstum (bevor er hoffentlich durch andere Energieformen unterbrochen wird) und dem Bakterienbeispiel folgend sind die Vorräte nur zwei Verdopplungen vor dem Ende noch 3/4 voll …

  • Die Energiewende und ihre Skeptiker

    Richtig ist: Der rasch steigende Anteil an Ökostrom ist der Motor der Energiewende. Er treibt den Ausbau der Netze und den Umbau der Versorgungssystems voran. Die Geschwindigkeit ist so hoch, dass die Kosten der kommenden Jahre weit schneller und höher anfallen als geplant. Dazu gerät die Koordination außer Kontrolle, Projekte laufen schief, was die Kosten zusätzlich treibt.

    Richtig ist aber auch: Eine Verlangsamung des Prozesses würde nicht viel bringen. Im Gegenteil. Je höher der Zeitdruck, desto eher einigen sich Umweltminister und Wirtschaftsminister, Kabinett und Parlament, Koalition und Opposition, Bundestag und Bundesrat. Außerdem haben Lobbyverbände bei hohem Reformtempo wesentlich geringere Chancen, Gesetze zu verwässern.

    Auf Spiegel Online gibt es momentan einen Artikel über die Energiewende und unserem Umweltminister Altmaier. Das Problem – wie fast immer in aktueller Berichterstattung beschrieben – sind die fehlenden Leitungen.

    Ich würde sagen auch die Bürger sind teilweise ein Problem. Man muss sich nur die Forenbeiträge zu diesem Artikel anschauen. Schmarrer und Stammtischler ohne Ende. Einer der hartnäckigsten Kritikpunkte ist immer wieder, dass die Herstellung von Windrädern und Solaranlagen viel Energie verbrauchen würde. Mehr als sie jemals wieder einbringen könnten. Was für ein Bullshit und auch ziemlich verquer gedacht.

    Im Netz gibt es genügend Modellrechnungen und Erfahrungsberichte über die Amortisierung von solchen Anlagen, bis sie ihre Herstellungskosten (bzw. -energie) wieder reingeholt haben. Solar liegt irgendwo zwischen 2 bis 6 Jahren je nach dem was man so liest. Was passiert nach diesen 6 Jahren? Die Anlage produziert Energie und braucht noch gelegentliche Wartungen (Kosten).

    Wie sieht das mit einem Kraftwerk aus? Kohle und Gas verbrauchen während der gesamten Laufzeit einen endlichen Rohstoff des Planeten und das nicht zu knapp. Sie können sich also während ihrer gesamten Laufzeit nicht energetisch amortisieren. Nie! Sie werden immer mehr Energie verbrauchen als sie produzieren.

    Auch bei Solar und Wind ist das so, aber sie verbrauchen Energie (Sonne), die dem System (Erde) von außen zugegeben wird und nicht die absehbar knapper werdenden Rohstoffe der Erde selbst. Ergo ist ihr Erntefaktor größer als 1 und jeder Depp müsste das eigentlich sehen können, oder nicht?

    So … musste ich mal schreiben. Wer so engstirnig und kurzfristig denkt, arg … da kann man nur die Stirn runzeln. Deutschland mag nicht der ideale Standort sein, aber wir können uns das leisten auf diesem Gebiet die Vorreiter zu sein. Man nennt es, glaube ich, Investition in die Zukunft. Das und mehr Raumfahrt (RIP erster Mensch auf dem Mond) wünsch ich mir ;-)

    P.S.: Atomenergie habe ich außen vor gelassen. Hier wird kein fossiler Brennstoff benötigt, aber auch Uran ist ein endlicher Rohstoff und somit dürfte irgendwann der Zeitpunkt kommen an dem es sich nicht mehr lohnt das Erz aufzubereiten. Einzig Fusion („immer 30 Jahre weg“) scheint eine gute Idee zu sein, aber das geht ja auch eher schleppend voran.

    P.P.S.: Solarenergieproduktion verdoppelt sich in letzter Zeit alle 18 Monate. Das ist anfangs nicht viel, aber schon in 10 Jahren wäre das eine Verhundertfachung der Energieproduktion!

    P.P.P.S.: Die Gegner der Energiewende sind wohl auch die gleichen Leute, die sich ein Smartphone per Ratenzahlung kaufen und sich dabei denken, dass sie etwas sparen würden.