Hab ganz vergessen mich darüber aufzuregen, dass nun das zu den freiwilligen Verträgen einiger großer Provider passende Gesetz bzw. die Änderung verabschiedet wurde. Natürlich alles zum Schutz der Kinder.
Die Änderungen und ein Telepolisartikel zeigen deutlich, dass man sich schon verdächtig macht, wenn man eine der gesperrten Seiten ansurft. Jetzt ist es natürlich auch vor dieser Änderung schon strafbar gewesen Kinderpornos anzuschauen oder zu besitzen. Nur bekommt man das dann im Regelfall auch mit … und jetzt? Jetzt reicht es, wenn ich hier einen unschuldig aussehenden Link im Sinne von Rickroll setze und alle die drauf klicken machen sich verdächtig. Schlimmer noch, man könnte bei Myspace, in Foren oder sonstwo solche Seiten als unsichtbares Bild einbinden und jeder Besucher würde geloggt werden und diese Logs „für Zwecke der Verfolgung von Straftaten nach § 184b des Strafgesetzbuchs den zuständigen Stellen auf deren Anordnung übermittelt werden“.
Prima.
Ach ja, Absatz 1:
Im Rahmen seiner Aufgaben als Zentralstelle nach § 2 des Bundeskriminalamtgesetzes führt das Bundeskriminalamt eine Liste über vollqualifizierte Domainnamen, Internetprotokoll-Adressen und Zieladressen von Telemedienangeboten, die Kinderpornographie nach § 184b des Strafgesetzbuchs enthalten oder deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu verweisen (Sperrliste). Es stellt den Diensteanbietern im Sinne des Absatzes 2 arbeitstäglich zu einem diesen mitzuteilenden Zeitpunkt eine aktuelle Sperrliste zur Verfügung.
Vermutlich auch Kettenverweise, oder? Wie auch immer, wir haben überall „User Generated Content“ und wenn bösartige User also dann auf so etwas verweisen und das liebe BKA bekommt das mit (vermutlich verwenden sie Google, aber das sperrt man natürlich trotz der vielen Verweise – man suche nur mal in der Bildersuche nach „teen“ – nicht), dann verschwinden viele Seiten einfach so. Denn seien wir mal ehrlich, die meisten werden ihre DNS-Einstellungen nicht ändern und von irrsinnigen Schuldgefühlen geplagt sein, wenn sie dann mal so ein Stoppschild sehen. Das wird sitzen, das wird Wirkung zeigen.
Jedoch kann sich niemand mehr sicher sein, dass er nicht doch mitgeloggt wird.
Deshalb hoffe ich insgeheim, dass die Sperrliste doch im Netz auftaucht, sich jemand einen möglichst unschuldigen Link, der zu einem Stoppschild führt heraussucht, und eine Blogaktion startet in der alle darauf verlinken und es als verstecktes Bild oder per Javascript nachladen. Wenn es nicht anders funktioniert, dann müssen wir das per Denial of Service außer Kraft setzen.
Ach ja, und Bots schreiben, die das DNS großer Provider nach Domains durchforstet, die nicht zur gleichen IP-Adresse wie beim DNS eines kleinen Providers (die und staatliche Provider müssen keine Sperren einbauen) führen. Gibt ja nur ein paar Millionen Domains und auf der Ebene muss die Sperrung laut Entwurf mindestens erfolgen.
Wie kann es einer Familienministerin mit Kinderpornografie als Druckmittel gelingen, was der Innenminister in Jahren der drohenden Terrorangriffe nicht geschafft hat? Jetzt haben wir sie, die ersten Änderungen für eine umfassende Zensur der Kommunikation mit Umkehr der Unschuldsvermutung (jawohl, man muss natürlich selbst nachweisen, dass man aus Versehen auf so einer Stoppseite gelandet ist, nicht umgekehrt). Noch steht über den Änderungen „Erschwerung des Abrufs von Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen“ … andere Inhalte werden folgen und keine Frage, was gesetzeswidrig ist, sollte verfolgt werden … aber NICHT SO! Das ist doch wie einen Mörder frei rumlaufen zu lassen und nur darauf hinzuweisen, dass man besser nichts mit ihm zu tun haben sollte. Strafverfolgung sieht anders aus …
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